Seite 90

ihren Sattelschleppern, wie Mun dem Oberst Hark, oder Renate Wittek dem Industriellen Jens von Bandemer. Aber Paul Schäfer ist ohne Auftrag alles in einem: Priester, Richter, Finanzchef, Organisator, Erzieher und Vollzugsbeamter einer Selbstjustiz. Hier liegt nach meinem Erachten das Problem der Colonia Dignidad: daß sie es versäumt hat, sich nach der ersten Phase der Gründung eine rechtliche Verfassung zu geben. Dadurch nämlich auch, daß er durch seine eigene abartige Veranlagung Eigentums- und Familienverhältnisse nicht aufkommen ließ, werden zweifellos deutsche Staatsangehörige in ihrer dadurch gegebenen Hilflosigkeit unter menschenrechtsverletzenden Umständen in der Colonia Dignidad gehalten.

In einem Schreiben vom 15. Mai 1985 an den damaligen Botschafter in Chile, Hermann Holzheimer, habe ich bemerkt, daß jede Voraussetzung zu einer befriedigenden Lösung mit der Herauslösung von Paul Schäfer beginnt, und erst dann kann diesen hilfsbedürftigen Menschen geholfen werden, auch ehrlich Bekenntnisse abzugeben, erst dann wäre es möglich, durch eine genossenschaftliche Satzung eine Lebensatmosphäre zu schaffen, die sich im Einklang mit der Freiheit und der Würde des Menschen in einem demokratischen Rechtsstaat befindet. Diese Feststellung, Herr Vorsitzender, erlaube ich mir vor diesem Unterausschuß des Deutschen Bundestages zu wiederholen.

Vors. Vogel: Herr Professor Bossle, ich danke auch Ihnen herzlich. Wir hätten damit die hier gebetenen Personen gehört. Wir haben jetzt noch gut eine Stunde Zeit für Fragen. Ich habe zunächst die Frage an den stellvertretenden Vorsitzenden, Herrn Dr. Schmude, ob er von sich aus Fragen stellen will. Ich selbst möchte mich jetzt da ganz zurückhalten.

Stellv. Vors. Dr. Schmude: Sollen wir Anhörpersonen alle gleichzeitig befragen?

Vors. Vogel: Ich bin der Auffassung, daS Sie den fragen sollen, an den Sie Fragen stellen wollen, auch wenn das