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gebaut unter dem Vorwand, die Schwester Kathi, die Wächterin an diesem Empfangshaus, für 17 Jahre aufopfernden Dienst an diesem Empfangshaus zu belohnen. Es wurden mehrere Lieder abgesungen, der Schwester Kathi wurde ein Blumenstrauß überreicht, und es wurde ein Gedicht aufgesagt. Ich habe in meinem Leben noch nicht so viele leere, hilflose Gesichter gesehen, so viele Menschen, die nicht in der Lage waren, mit jemandem zu kommunizieren. Ich habe sie angesprochen, habe sie auch gefragt, ob sie das vielleicht noch einmal für die Kamera singen könnten. Die Menschen haben nur auf eine Person im Hintergrund reagiert. Ich bin bei dieser Gelegenheit fotographiert worden, wie es auch schon Abgeordneten geschah, um sich danach in deutschen Zeitschriften wiederzufinden. Es ist nicht möglich, mit diesen Menschen zu kommunizieren. Die Menschen sind nicht mehr in der Lage, frei ihren Willen zu äußern. Es war absolut beängstigend. In diesem Knabenchor stand eine Person, bei der ich mich heute noch frage, weshalb man mir diese Person dann vorgeführt hat. Sie war kaum in der Lage, sich auf den Beinen zu halten. Es war ein junger Mann, der vollkommen abgemagert und vollkommen bleich im Gesicht war, rote blauädrige Hände hatte, der gar nicht in der Lage war, mitzusingen. Ich frage mich heute noch, weshalb man mir ausgerechnet diese Person vorgeführt hat.

Das Wichtigste allerdings - das ist der Aspekt, um den es auch Herrn Frenz geht - scheint mir die Zusammenarbeit der Colonia Dignidad mit den örtlichen Polizeibehörden, wenn nicht sogar mit dem Geheimdienst. Den Herrschaften ist ja ein kleiner Fehler unterlaufen. Ihr Kameramann hat ja auch die Herrschaften gefilmt, die mich lange Zeit durch Chile begleitet hatten. Aus diesem Grund sind wir in der Lage, das zu dokumentieren. Die Polizei, die mich zur Polizeistation nach Parral abgeholt hat, salutierte vor Paul Schäfer, schlug die Hacken zusammen und sagte "Don Schäfer“. Mehrere Stunden haben die Polizeioffiziere mit ihnen, mit Herrn Schäfer verhandelt. Es besteht für mich überhaupt kein Zweifel daran, daß die Zusammenarbeit der örtlichen Polizeibehörden mit der Colonia Dignidad eine äußerst enge ist. Sie haben erst einmal mein Filmmaterial