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Ich kenne einen katholischen deutschsprechenden Priester in Concepcion, der das sicherlich gerne machen würde. Als ich da sehr deutliche Angebote machte, wurde der Besuch dann sehr kurzfristig abgebrochen. Frau Schmidt hatte keine Zeit mehr, geleitete mich zu meinem Auto und bis zum Eingangstor. Ich hatte mich dann - ich weiß es nicht mehr genau - vielleicht sechs oder sieben Stunden dort aufgehalten und nur mit Frau Schmidt sprechen können.

Ich habe später noch zweimal versucht, dort einen Besuch zu machen. Ich muß zugeben: Die später mehr in die Öffentlichkeit gekommenen Vorwürfe, eine gewisse Neugierde und vor allen Dingen auch die Erfahrungen, die ich da selber gemacht habe, haben mich auf diesen Weg gebracht. Aber es wurde strikt abgelehnt, mich dort noch einmal zu empfangen.

Immerhin hat dieser Besuch dort aber doch einige Folgen gehabt. Er wurde später bekannt. Auch die Kolonie hat nach dem Militärputsch das ihre dazu beigetragen, mich als einen darzustellen, der die Kolonie eben so freundlich beurteilt hat. Schon damals wurde die Eintragung in das Gästebuch in der Öffentlichkeit verbreitet. Eine Folge war, daß nach dem Militärputsch 1973, nachdem Personen von der Geheimpolizei verschleppt worden waren und verschwunden waren und der Verdacht bestand, sie könnten in der Kolonie verschwunden sein, andere deutschstämmige Personen zu mir als ihrem Seelsorger gekommen sind. Auch damals wurde schon versucht - vom Menschenrechtskomitee der Kirchen, dessen Präsident ich war -, in der Colonia Dignidad auch einen Besuch machen zu können, um dort eventuell nachfragen zu können. Auch das wurde abgelehnt.

Als ich dann schließlich 1975 Chile laut Dekret "auf Ewigkeit“ verlassen mußte und als Generalsekretär der Sektion von Amnesty International in der Bundesrepublik Deutschland zu arbeiten anfing, kamen viele Chilenen, die hier in der Bundesrepublik und in Europa Asyl gefunden haben, mit dem Anliegen Colonia Dignidad zu mir. Da das heutige Thema sehr auf Deutsche beschränkt ist, will ich jetzt nicht alles das vor-