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sage und ihr Gewissen dann dabei anschlägt und sie zu Herrn Schäfer geht und sagt: Ich muß dir sagen, Hugo hat mir das und das gesagt, dann kommt es ungewollt und aus ihrer seelischen Not dazu, daß sie den eigenen Mann bei ihm anklagt. Solche Fälle hat es vielfach gegeben; ich könnte Namen nennen.

Das getrennte Wohnen darf unter keinen Umständen fehlen, weil es das Menschenunwürdigste ist. Sie müssen sich vorstellen: Von den Eheleuten, die 1962 bereits dort waren, haben die ersten 1979 erst ein Zimmer als Eheleute bekommen, außer drei alten Opa-Oma-Paaren; diese hatten etwas vorher ein Zimmer bekommen. Die nächsten bekamen 1980 eines. Die Eheleute mußten sich heimlich irgendwo im Freien oder sonstwo treffen; ich weiß ja nicht, wer sich wo traf.

Noch schlimmer ist es für die, die dort geheiratet haben. Es durften dort überhaupt nur wenige heiraten. Denn auch darüber, ob jemand heiraten darf, entscheidet letztlich Herr Schäfer. Ich darf jetzt keine Einzelheiten nennen; es wird zu lang. Aber diese Leute, die geheiratet haben, haben gewissermaßen heimlich geheiratet, d. h. nur der engste Verwandtenkreis erfuhr es. Das hat bis heute einen Teufelskreis zur Folge. Sie durften sich also nie als Eheleute im Fundo bewegen; sie durften am Tisch nie zusammen als Eheleute sitzen, mit Ausnahme von Dr. Hopp und Frau; sie durften natürlich keine Zimmer haben, denn sie waren ja nicht verheiratet. Wenn das Kindchen erwartet wird, werden die Frauen, sobald man merkt , sie könnten schwanger sein, sofort in einen besonderen Raum gebracht, wo sie dann arbeiten, bis sie entbunden haben. Das Kind kommt dann ins Kinderhaus. Das Kind sagt nachher, wenn es ein bißchen größer ist und Papa und Mama sagen könnte, Tante und Onkel. Zum Teil kennen sich die Geschwister in den ersten Jahren gar nicht einmal. Das sind grausame, unmenschliche Zustände, gerade was auch den ganzen Komplex des Heiratens betrifft.

Zur Postzensur will ich jetzt nichts sagen; vielleicht kommen nachher Fragen. Es ist genügend darüber geredet worden.