Seite 17

Ich bin mitschuldig daran, daß viele von denen, die heute in Dignidad sind, dorthin gegangen sind.

Als ich im Dezember 1984 aus Dignidad floh, ohne daß ich meiner Frau, unseren Kindern oder irgend jemandem sonst etwas davon sagen konnte, brachte mich die Erkenntnis meiner Schuld an den Rand des Zusammenbruchs. Wenn ich nicht vor Gott Gnade und Vergebung in diesem Zusammenbruch erlebt hätte, säße ich heute hier nicht vor Ihnen. Mir ist aber ganz klar, daß dies nicht bedeuten kann, daß meine Schuld den Betroffenen und vielleicht gar dem Gesetz gegenüber damit gemildert ist.

Deshalb möchte ich gerne mit jedem Betroffenen und jedem Leidtragenden sprechen und den zuständigen Behörden weiterhin für jede Auskunft und Information zur Verfügung stehen, um mit allen meinen Kräften dazu beizutragen, wo und wie immer wiedergutzumachen. Ich kann nichts ungeschehen machen; ich bitte aber alle Betroffenen von ganzem Herzen um Vergebung, wobei ich hinzufügen möchte, daß ich tiefes Verständnis für jeden habe, der weder entschuldigen noch vergeben kann.

Nun zu der Begründung. Die Unfreiheit beginnt für jeden schon damit, daß die deutschen Pässe und die chilenischen Ausweise von allen im Büro unter Verschluß gehalten werden. Niemand hat Geld, um dann, wenn ihm eine Flucht gelingt, den Bus oder was auch immer bezahlen zu können. Bei den Jugendlichen ist es so, daß auch ihre Kleider in der Nähstube in besonderen Schränken aufbewahrt werden und sie die Arbeitskleidung und das sogenannte Feierabendzeug immer nur am Wochenende bekommen. Wenn also jemand flüchten möchte, hat er nicht einmal seine Sachen in seinem Zimmer.

Hinzu kommen vor allem auch die äußeren Umstände: Die Zäune, die angeblich zum Schutz vor Kommunisten, Sozialisten und anderen uns nicht Wohlgesonnenen errichtet worden sind, die Stolperdrähte innerhalb dieser Abzäunung - inzwischen ist dieses System verbessert worden

(Abg. Waltemathe (SPD): Elektronisch!)

- elektronisch -, Schäferhunde, die für die Spurensuche sehr